Hier kommen die Alternativen

Warum soll Politik nur von Parteien und Konzernen bestimmt werden? Sieben Visionen für ein besseres Deutschland

Der Staat ist pleite, die Wirtschaft kommt nicht in Schwung, Arbeit ist sowieso knapp, Vororte brennen, Flüchtlinge stürmen die Grenzen Europas. Die Probleme werden immer größer und niemand weiß, wie man sie lösen kann. Laut Umfragen schenken nur noch 17 Prozent der Bevölkerung den Parteien ihr Vertrauen – auch die gerade geschlossene Große Koalition stößt auf Skepsis. Wir haben nach Alternativen gesucht, wie man die Probleme unserer Zeit anders denken kann.


Campact.de
Christoph Bautz, 32, ist einer der Gründer von Campact.de, einem politischen Online-Netzwerk.

Warum hast du Campact.de gegründet?
Unser Vorbild ist die amerikanische Initiative MoveOn.org, die 1998 aus Anlass der Lewinsky-Affäre entstanden ist. Unter dem Motto „Move on, let’s talk about politics again“ starteten damals ein paar Leute eine E-Mail-Aktion. Nach drei Wochen hatten 100 000 Menschen den Aufruf unterschrieben. Ich bin durch den Irak- Krieg, wo Move-On sehr aktiv war und ich selbst die Kampagne „resist“ mitgestartet habe, darauf gekommen, die Idee hierher zu bringen.

Was wollt ihr erreichen?
Wir wollen Leute erreichen, die normalerweise wenig Zeit für politische Aktivitäten haben, weil sie im Berufsleben stark eingespannt sind oder keine Lust haben, sich langfristig zu engagieren. Eine Mail versenden, das schafft zeitlich jeder. Großunternehmen und Interessengruppen üben immer stärkeren Einfluss auf die Politik aus. Dagegen die Bürgermacht zu setzen und Druck auszuüben, das ist die Vision von Campact.de.

Bei welchen Themen übt ihr Druck aus?
Wir arbeiten zu den Bereichen Bürgerrechte, soziale Gerechtigkeit, Ökologie, Frieden und Globalisierung. Themen, bei denen es schon eine gewisse öffentliche Grundaufmerksamkeit gibt. Die Leute lesen davon in der Zeitung und sagen, da muss man doch was dagegen machen. Das können sie bei uns. Meistens sind es Themen, bei denen die politische Elite gespalten ist und Entscheidungen anstehen. Die Bürger können hier ein Stück weit Zünglein an der Waage sein. Seit Donnerstag kann man zum Beispiel an einer Mailaktion gegen die Mehrwertsteuererhöhung teilnehmen. Im Sommer haben wir eine Online-Demo gegen Softwarepatente organisiert. Das EU-Parlament war damals gespalten, weshalb wir die Bürger aufgerufen haben, auf unserer Seite ein Bild von sich hochzuladen. Diese Bilder haben sich zu einem Mosaik mit dem Schriftzug „No E-Patents“ zusammengesetzt. Der Druck der Bürger war damals so groß, dass die Richtlinie letztlich abgelehnt wurde.

Sind Online-Aktionen genauso effektiv wie herkömmliches Engagement?
Gerade wenn konkrete Entscheidungen anstehen, birgt das Internet sehr große Chancen. Soziale Bewegungen waren in den letzten Jahrzehnten besonders darin stark, Themen wie Umweltschutz oder Globalisierung überhaupt auf die politische Agenda zu bringen. Wenn entschieden wird, haben sie aber oft Probleme, die Menschen schnell zu mobilisieren. Wenn wir wissen, dass heute im Bundestag das neue Gesetz zu Nebeneinkünften beschlossen wird oder sich die großen Energiebosse im Kanzleramt treffen, organisieren wir Aktionen, bei denen die Bürger all ihr Gewicht in die Waagschale werfen können.

Wer gegen die Mehrwertsteuererhöhung ist, kann den Finanzpolitikern über www.campact.de die Argumente mailen, die sie im Wahlkampf noch selbst gegen die Erhöhung vorgebracht haben.


Regiogeld

Der Hintergrund: Die regionale Wirtschaft ist durch die Globalisierung unter Druck geraten. Unternehmen und Arbeitsplätze werden ins Ausland verlegt, dadurch wird öffentliches Geld für gemeinnützige Projekte und Vereine knapp, ganze Regionen veröden.

Die Idee: Im Gegensatz zum Euro, mit dem man auch spekulieren kann, dienen Regionalwährungen nur als Tauschmittel. Das Geld verliert an Wert, je länger es in Umlauf ist, deshalb wird es schnell ausgegeben. Mit einem Teil des Geldes werden soziale Einrichtungen in der Region unterstützt.

So ging’s los: Vor drei Jahren kam der Wirtschaftswissenschaftler Christian Gelleri als Lehrer an die Waldorfschule Prien. Gemeinsam mit den Schülern gründete er ein Schülerunternehmen, das ein Produkt entwerfen, verkaufen und vermarkten sollte: den Chiemgauer. Die Schüler überzeugten im Umfeld der Schule 20 Geschäfte, den Gutschein zu akzeptieren. In der Schule konnte man Euro 1:1 gegen Chiemgauer tauschen. Die Unternehmer konnten den Chiemgauer wieder in Euro zurücktauschen, drei Prozent gingen dabei aber als Förderung an die Schule, zwei Prozent an das Schülerunternehmen.

Die Folge: Die Unternehmen gewannen neue Kunden, weil die Schüler Werbung für den Gutschein machten. Um sich die Rücktauschgebühren zu sparen, fingen die Unternehmer an, den Chiemgauer wieder auszugeben und damit einzukaufen. Mittlerweile akzeptieren 370 Unternehmen den Chiemgauer und man kann zwischen 50 Vereinen wählen, zu deren Gunsten der Erlös gehen soll. Inzwischen werden monatlich über 15 000 Euro getauscht. Die Vereine bekommen mehr Spenden, die lokale Wirtschaft bleibt erhalten, die Läden vor Ort stellen weiterhin Ausbildungs- und Arbeitsplätze.

Der Haken? Es ist ein langsamer Prozess und die Gewinnspannen sind noch klein. Außerdem ist nicht überall die Ökonomie so gesundwie im Chiemgau. In Sachsen- Anhalt, das den Urstromtaler eingeführt hat, gibt es zum Beispiel kaum intakte Wirtschaftskreisläufe mehr.

Mittlerweile gibt es rund 50 Regionalgeldinitiativen in Deutschland. Einen Überblick und Informationen zu den Projekten: www.regiogeld.de.


Transnationale Republiken

Georg Zoche, einer der Gründer des Projekts „Transnationale Republiken“: „Es begann alles bei einem Pasta-Essen mit Freunden. Einer erzählte die Geschichte einer russischen Freundin, die in Berlin lebte und deren Pass abgelaufen war. Als sie ihn verlängern wollte, wurde ihr gesagt, sie sei drei Jahre nicht mehr in ihrer Heimat gewesen und habe ihr Recht auf die russische Staatsbürgerschaft verwirkt. Die Russin war plötzlich staatenlos. Es kam uns an diesem Abend so absurd vor, dass Menschen in Nationen eingeengt werden, während sich meine Kreditkarte und große Konzerne weltweit völlig frei bewegen können. Daraus entwickelte sich unsere Idee eines globalen Bürgervertretungssystems.

Deutschland hat eine Regierung für das gesamte Land. Die Welt hat verglichen damit nur Bürgermeister, die sich in der Uno treffen um ihre Einzelinteressen durchzusetzen. Obwohl Klimaschutz der ganzen Welt nutzen würde, ist Bush gegen das Kyoto-Protokoll, weil es der amerikanischen Wirtschaft schaden würde. Aus dem gleichen Grund holzt Brasilien weiter Regenwald ab. Nationen sind also nicht dazu geeignet, die Interessen der Menschen zu vertreten. Deshalb brauchen wir eine weitere Ebene – die transnationale Ebene der Bürgervertretung.

Vor vier Jahren haben wir im Münchner Atomic Café die Erste Transnationale Republik ausgerufen. Mittlerweile haben wir 3300 Mitglieder. Jeder Mensch soll frei zwischen verschiedenen Transnationalen Republiken wählen und sich diejenige aussuchen können, die seine Interessen am besten vertritt. Durch diese Konkurrenzsituation müssen sich die Republiken um ihre Mitglieder bemühen – so wie Firmen um ihre Kunden.

Dass diese Idee funktionieren kann, zeigte sich im Vorfeld des Irakkriegs. Die USA haben im Sicherheitsrat Druck auf ärmere Länder wie Kamerun und Neu- Guinea ausgeübt und drohten, die Entwicklungshilfe zu streichen, falls diese den Krieg ablehnen sollten. Wir hatten damals die Idee der Scheckbuchdiplomatie der USA entgegenzutreten, in dem wir weltweit Spenden sammeln und Kamerun und Neu-Guinea ein Gegenangebot machen. Das hätte den Verhandlungsspielraum dieser Länder gestärkt. Es kam auch fast so weit. Am 18. März wollten wir gemeinsam mit MoveOn die Aktion „MoneyforPeace. org“ starten. Die Idee der Transnationalen Republik hätte zum ersten Mal gewirkt. Leider hat George W. Bush genau an diesem Tag Saddam Hussein ein Ultimatum gestellt und es kam nie zur Abstimmung im Sicherheitsrat.“

Auf www.transnationalrepublic.org kann man der Ersten Transnationalen Republik beitreten.


Die neue Arbeit

Der Hintergrund: Nachdem er sich als Preisboxer, Hafenarbeiter und Bühnenautor in den USA durchgeschlagen hat, versucht der Sachse Frithjof Bergmann als Selbstversorger zu leben. Doch er stellt fest, dass er sich nicht frei, sondern als Sklave der harten körperlichen Arbeit fühlt. Nach zwei Jahren gibt er auf, studiert Philosophie, wird Professor an den besten US-Unis und entwickelt eine Alternative zum herkömmlichen Verständnis von Arbeit: Die neue Arbeit.

Die heutigen Probleme: Arbeitsplätze verschwinden aufgrund der zunehmenden Automatisierung von Arbeitsprozessen. Nicht nur in der Industrie, sondern noch schneller im Dienstleistungssektor, etwa durch Bankautomaten. Zudem verbringt ein Großteil der Menschen ihre Zeit mit Arbeit, die sie innerlich nicht erfüllt.

Keine Lösung wäre: EinRückschritt zum mittelalterlichen Ackerbau.

Der Vorschlag Bergmanns: Sich mit Hilfe von Hightech auf hohem Niveau selbst zu versorgen. Mit Hilfe von mobilen Fabriken könnten Menschen Autos oder Kühlschränke vor Ort im Baukastensystem selber produzieren. Ebenso wird es möglich sein, mit 3DDruckern Handys zu Hause herzustellen, wenn die wissenschaftlichen Bemühungen in die diese Richtung gebündelt werden.

Und dann? Die Menschen haben mehr Zeit, da sie als Selbstversorger weniger abhängig von Geld und herkömmlicher Lohnarbeit sind. Ein Drittel ihrer Zeit verbringen sie mit der Selbstversorgung, ein Drittel mit Lohnarbeit und im restlichen Drittel gehen sie einer Aufgabe nach, die sie „wirklich, wirklich wollen“.

Die Konsequenz? Ungeahnte Energie und Innovationskraft wird freigesetzt, wenn Menschen die Chance haben, sich mit Dingen zu beschäftigen, die ihnen Spaß machen. Es gibt viel weniger Arbeitslose, da die noch verbliebene Lohnarbeit unter allen verteilt wird. Alte Menschen bleiben besser in der Gesellschaft integriert. Es gibt weniger soziale Unruhe und damit weniger Kosten.

Der Haken? Die Ideen sind sehr schwer zu vermitteln. Zudem geht das Modell davon aus, dass es sich lohnt, auf extravagante Luxusgegenstände zu verzichten und dafür mehr Unabhängigkeit und Gemeinschaft zu erhalten.

Informationen zu den Zentren für Neue Arbeit, die sich bereits gebildet haben: www.neuearbeit-neuekultur.de.


Raumlabor

Als Michael im September 2003 die Tür eines Plattenbaus in Halle-Neustadt öffnet, ist er 15 Jahre alt und der jüngste Hotelmanager Deutschlands. Mit dem Architektur- und Stadtplanungsbüro Raumlabor und 60 anderen Jugendlichen der Stadt hat er eines der fünf leerstehenden Hochhäuser in ein Hotel verwandelt und während eines anschließenden Theaterfestivals selbst betrieben.

Halle-Neustadt war nicht nur die zweitgrößte Plattenbausiedlung der DDRsondern auch eine Vision.Ameinstigen Sumpfgebiet an der Saale sollte eine sozialistische Idealstadt entstehen. Fünf 18-stöckige Hochhäuser bildeten das Zentrum der Stadt, in der Tausende Chemiearbeiter untergebracht wurden.

Seit der Wende sind fast 40 000 Menschen weggezogen, vier der fünf Platten stehen leer, es gab kein kulturelles Angebot mehr – bis die Hotelidee aufkam. „Wir waren die ganzen Sommerferien mit Bauen und Organisieren beschäftigt“, erzählt Benjamin Foerster-Baldenius vom Raumlabor. Eine Gruppe kümmerte sich um das Management, eine andere um die Öffentlichkeitsarbeit, manche gestalteten die Zimmer, wieder andere richteten im Keller einen Clubraum her. „Jedes der 84 Zimmer sah anders aus. Es gab ein Dschungelzimmer oder ein Herbst- und ein Omazimmer. Da wir nie genugGeld hatten, haben wir aus den Türen der anderen Häuser Regale gebaut und Möbel beim Sperrmüll gesucht.“

Die Künstler, die für das Festival eingeladen waren, dachten sich Projekte aus, wie maneine schrumpfende Stadt beleben kann. „Es gab Balkontuning, also Workshops wie man den Balkon schöner macht, und an einem Wochenende haben wir neue Plattenbau- Sportarten entwickelt“, sagt Foerster- Baldenius. Mit dem Fahrrad möglichst schnell das Treppenhaus runterfahren etwa oder ein Frisbee-Spiel von Hochhaus zu Hochhaus.

„Wir wollten mit diesem Projekt die Kreativität anstoßen“ – obwohl das Hotel nur während des Theaterfestivals in Betrieb war, ist die Idee aufgegangen. Michael, der die Hotelbar betrieben hat, organisiert mit Freunden von damals mittlerweile erfolgreich Veranstaltungen und Partys, ein anderer dreht auf eigene Faust Filme. „Wir wussten damals selber nicht, ob wir das mit dem Hotel schaffen“, erinnert sich Foerster-Baldenius. „Aber wir haben gezeigt, dass man nur ein bisschen Mut braucht, dann kann man sogar aus einer vermeintlich aussichtslosen Situation eine Menge auf die Beine stellen.“

Kreuzberg ist das nächste Projekt von Raumlabor-Berlin. Der Startschuss fällt am 10. Dezember mit der Stadtteil-Rally „Döner on Speed“. Mehr Informationen unter www.raumlabor-berlin.de.


Schleppen & Schleusen

Der Hintergrund: Ende der Neunziger wurde der Bundesverband „Schleppen und Schleusen“, kurz schleuser.net, gegründet, eine Lobbyorganisation für Wirtschaftsunternehmen, die sich auf den, wie sie es nennen, „undokumentierten, grenzüberschreitenden Personenverkehr“ spezialisiert haben. Mobilität ist ihr Motto und Reisefreiheit ohne Dokumente sind das Ziel.

Anlass: Bis zum Fall des Eisernen Vorhangs, so Ralf Hohmann, einer der drei Gründer, habe man noch von Fluchthilfe gesprochen. „Die war in Westdeutschland straffrei und als Dienstleistung anerkannt. Ein Schleuser konnte die Gebühren sogar einklagen.“ Anfang der Neunziger begann die EU, Fluchthilfe als Menschenhandel zu betrachten und ihre Ostgrenze aufzurüsten.

Das Problem: Vor wenigen Wochen stürmten Einwanderer aus Afrika die spanischen Exklaven Ceuta und Melilla in Marokko. Mit Leitern versuchten sie, die meterhohen Zäune zu überwinden, die sie vor einer Zukunft in Europa trennen. Sechs Afrikaner starben dabei. Die wenigen, die es geschafft hatten, harren in überfüllten Auffanglagern aus oder wurden zurückgeschickt.

Keine Lösung wäre: Der Plan der EU, die Zäune für rund 40 Millionen Euro zu erhöhen.

Der Vorschlag: Schleuser.net will eine Deregulierung der Grenzen. Waren und Datenströmen können ungehindert die Erde umkreisen, Menschen unterliegen viel strengeren Restriktionen – dabei ist Freizügigkeit Menschenrecht. Durch Migration entsteht außerdem Arbeit und Wachstum. „Menschen machen immer Arbeit“, so Hohmann. „Sie haben Bedürfnisse, Dienstleistungen müssen erbracht undWohnungen gebaut werden.“ Durch Deregulierung der Grenze würde der Übergang einfacher und ungefährlicher. Verhindern kann man Migration ohnehin nicht.

Methoden: Schleuser.net veranstaltet Schleusertagungen, auf denen sich Wissenschaftler und Künstler mit Migration befassen. Sie vergeben Gütesiegel, um schwarze Schafe unter den Schleppern auszuschließen, und bieten Musterverträge, die den Transport regeln. Demnächst nimmt schleuser.net an einer Karawane teil, die von Sevilla nach Ceuta zieht.

Der Haken: Nicht durchsetzbar. Unbegrenzte Reisefreiheit ist politisch nicht gewünscht.

Auf www.schleuser.net finden Schlepper und Schleuser neben Musterverträgen und dem Gütesiegel „Weißes Schaf“ auch Giveaways wie Minitaschenlampen.


iDemokratie

„Gerade sitze ich in einem Internet-Café am Frankfurter Hauptbahnhof. Das Gedudel der Spielautomaten nervt tierisch. Mein Infostand auf dem Markt in Hattersheim ist abgesagt worden, weil es in Strömen regnet.“ Anna Lührmann, die vor drei Jahren als jüngste Abgeordnete für die Grünen in den Bundestag einzog, schreibt das in ihrem letzten Eintrag vor der Wahl imwahlblog.05. Im Mai, noch am selben Tag, an dem Franz Müntefering vorgezogene Neuwahlen verkündet hatte, startete Christian Hochhuth von der Initiative iDemokratie. de den wahlblog.05, Deutschlands ersten Wahlkampf-Blog.

iDemokratie.de ist eine Initiative von vier jungen Politikinteressierten, die sich bei einem Praktikum kennen gelernt hatten. „Wir waren alle gerade mit dem Studium fertig, hatten keinen Job in Aussicht und wollten versuchen, selbst etwas aufzubauen“, sagt Hochhuth. Ziel der Gruppe ist es, über das Internet neue Kommunikationswege zwischen Bürgern und Politikern herzustellen. „Mit dem Wahlblog wollen wir die Distanz zwischen beiden Lagern überwinden“, so Hochhuth.

Von jeder Partei konnte iDemokratie einen Blogger gewinnen, der in Tagebuchformat von seinem Wahlkampf berichtete. Unter den Artikeln konnten Bürger Fragen stellen und auf die Texte eingehen. „Oft ist es zu einem richtigen Austausch gekommen, wie er sonst nur amWahlstand entstehen kann“, so Hochhuth. Einige Politiker haben aber auch nur Wahlkampfparolen kopiert, die schon auf ihrer Homepage zu lesen waren, ganz großen Politiker fehlte die Zeit zum Bloggen. Dennoch glaubt Hochhuth, dass das Internet neue Chancen für Bürgerbeteiligung bietet. „Man sieht es an den Koalitionsverhandlungen. Das Volk ist wieder völlig außen vor, ein Wahlversprechen nach dem anderen wird gebrochen, die Menschen wenden sich enttäuscht ab. Das wäre vielleicht anders, wenn die Parteien die Bürger übers Internet in die Verhandlungen mit einbeziehen und sie nach ihrer Meinung oder nach Vorschlägen fragen würden.“

In Kürze wird es im Internet auf www.idemokratie.de eine virtuelle Republik geben.

Süddeutsche Zeitung
15/11/2005