Jedem sein Land
Kammerspiele stellen Pass für "Transnationale Republik" aus
Ein riesiger Personalausweis im Fenster, zwei gewaltige Geldscheine an der Wand. Noch größer sind die Anliegen, die dahinter stehen. "Vereinigte Transnationale Republiken" heißt die 2001 im Münchner Atomic Cafe ins Leben gerufene Organisation, die für vier Tage im Rahmen des "Doing Identity - Bastard München" -Projekts der Kammerspiele im umfunktionierten Kassenraum ihr provisorisches Passamt eingerichtet hat. Dort kann man sich bis Freitag einen transnationalen Pass ausstellen lassen (Maximilianstraße 26-28, zwölf bis 18 Uhr). Der sieht einem deutschen Personalausweis sehr ähnlich, nur befindet sich das Foto rechts, und statt "Bundesrepublik Deutschland" steht "Transnational Republic" darauf. Von 18 Uhr an gibt es Gelegenheit zur Diskussion, am Donnerstag über Geld, am Freitag Über Religion.
"Die Grundidee entstand 1996 bei einem Abendessen mit einem befreundeten Künstler aus New York", so Gründungsmitglied Georg Zoche, der zusammen mit anderen Mistreitern im Passamt Rede und Antwort steht. "Er erzählte von einer russischen Freundin in Berlin, die wegen abgelaufener Papiere ausgewiesen werden sollte." Und ohne Papiere keine Bürgerrechte. Das Problem lösen sollten: frei gewählte, transnationale Republiken, die sich unabhängig von nationalen Interessen für die Rechte ihrer Bürger und die Durchsetzung globaler politischer Standards einsetzen. Und zwar nach folgendem Gebot: "Alle Macht geht vom Einzelnen aus und ist unveräußerbar" - nachzulesen auf einem Schild im Passamt.
Mittlerweile gibt es neben dem Pass, einer Internetseite (www.transnationalrepublic.org) und einem von der Uno ausgeliehenen Logo auch eine eigene Währung: den Payola, der als Leitwährung irgendwann den Dollar oder den Euro ersetzen soll. Die Mitgliederzahlliegt derzeit in etwa 100 Nationen bei knapp 5000 - gut 700 davon in München. Mit steigender Tendenz. Zwar wurden am ersten Tag nur eine Hand voll neuer Pässe ausgestellt. Aber Zoche, dem es vor allem darum geht, ein globales politisches Bewusstsein zu wecken, gibt sich optimistisch: "Vor den Grünen war Umweltschutz ja auch noch kein politisches Thema. Und heute?"