Scheckbuchdiplomatie von unten: Kauft Frieden!

Im UN-Sicherheitsrat sind Stimmen für einen Irakkrieg käuflich. Die Initiative moneyforpeace.org will lieber Frieden kaufen. Jeder kann mitmachen

von Sven Hansen

BERLIN taz n Krieg und Frieden sind heute eine Ware, meint die Friedensinitiative moneyforpeace.org angesichts des Geschachers im Weltsicherheitsrat um eine kriegslegitimierende Irakresolution. "Während die Mehrheit der Menschen lieber Frieden kaufen würde, kauft Bush gerade Krieg", heißt es auf der Webseite der Initiative.

Die Regierung von US-Präsident George W. Bush nutze die Abhängigkeit einiger strategisch wichtiger Länder aus und versuche, sich deren Unterstützung zu erkaufen. "Wir wollen versuchen, diese Scheckbuchdiplomatie umzudrehen", sagt Initiator Georg Zoche zur taz. Der Münchner Flugmotorentwickler hat einen Kreis von halbprominenten Künstlern (u. a. Jim Rakete, Tillman Spengler, Edo Zanki) und Professoren (Kurt Weidemann, Erik Spiekermann) gefunden, die über die Webseite www.moneyforpeace.org E-Mail-Adressen potenzieller Spender sammeln, die gegen die US-Regierung für Frieden bieten wollen.

"Wichtig ist, das wir momentan noch keine Spenden benötigen, denn wir wissen ja noch gar nicht, wie viel Geld gebraucht wird", so Zoche. Stattdessen würden zunächst nur die E-Mail-Adressen gesammelt. Schon 3.000 Mailadressen hat die Initiative laut eigenen Angaben nach der ersten Woche zusammen. Davon sind etwa zwei Drittel aus Deutschland, der Rest aus überwiegend europäischen und westlichen Ländern.

Auf der Webseite steht der Aufruf bisher in fünf Sprachen. Zugleich wird um Hilfe gebeten, ihn in weitere Sprachen zu übersetzen. "Wir brauchen noch viel Hilfe, aber viele Leute können auch viel helfen", so Zoche. "Es ist eine ziemlich durchgeknallte Idee", räumt er ein. Der Ansatz sei, alle Möglichkeiten der eigentlich abzulehnenden Scheckbuchdiplomatie auszunutzen und neben der Verweigerung des Krieges auch den Schutz der Menschenrechte und von Minoritäten zu fordern. "Angenommen, wir haben eine halbe Million potenzieller Spender zusammen, können wir zum Beispiel an die Regierung des gegenwärtigen Sicherheitsratsmitglieds Kamerun herantreten und Verhandlungen aufnehmen", so Zoche. Dazu könnten aus dem Kreis der potenziellen Spender fachkundige Kommissionen gebildet werden. Später würden dann alle über die Höhe der notwendigen Spende informiert, die bei einer hohen Zahl entsprechend gering ausfalle. "Selbst wenn die Regierungen nicht an den Erfolg unserer Initiative glauben, können sie mit Verweis auf uns ihre Verhandlungsposition gegenüber den USA stärken und so den Preis für Krieg in die Höhe treiben."

Zoche ist schon seit einiger Zeit in der Künstlerinitiative transnationalrepublic.org aktiv, über deren Netzwerk der Aufruf zunächst verbreitet wurde. Auf die Idee der Scheckbuchdiplomatie von unten kam er erstmals bei der Abstimmung über die Steuerreform im Bundesrat 2001. "Damals wurde die Zustimmung einzelner Bundesländer zur Steuerreform erkauft, und es entstand die Idee, stattdessen Geld für demokratische Ziele - sozusagen eine Verfassungsklage des kleinen Mannes - dagegenzusetzen.

die tageszeitung
March 10th, 2003